Teil 11
Lehnwörter
Sprachen sind keine abgeschlossenen Systeme. Sie entwickeln sich ständig weiter, öffnen sich für Einflüsse und schenken zugleich anderen Sprachen neue Wörter. Auch das Deutsche hat über Jahrhunderte hinweg zahlreiche Lehnwörter in andere Sprachen „exportiert“. Manche sind kaum noch als deutsche Ursprünge erkennbar, andere tragen ihren Klang unverkennbar weiter.
Ein bekanntes Beispiel ist das Wort „Kindergarten“, das heute fast in allen größeren Sprachen gebräuchlich ist – von Englisch über Spanisch bis hin zu Japanisch. Es wurde im 19. Jahrhundert durch Friedrich Fröbel geprägt, dessen pädagogisches Konzept weltweit Anklang fand.
Auch aus dem Bereich der Esskultur haben deutsche Wörter ihren Weg hinaus in die Welt gefunden. „Sauerkraut“ wird international mit Deutschland verbunden und steht in vielen Sprachen ohne Übersetzung auf den Speisekarten. Ähnlich verhält es sich mit „Bratwurst“, die in den USA als „Brat“ längst ein eigener Begriff geworden ist.
Die deutsche Technik- und Wissenschaftstradition hat ebenfalls Spuren hinterlassen. Begriffe wie „Diesel“, nach Rudolf Diesel, oder „Wanderlust“ werden weltweit verstanden. „Wanderlust“ hat sich im Englischen sogar zu einem Modewort entwickelt, das die tiefe Sehnsucht nach Reisen und Natur ausdrückt.

Besonders spannend ist die Philosophie und Literatur: Hier gibt es deutsche Wörter, die direkt ins Englische übernommen wurden, weil es keine passende Entsprechung gab. Dazu zählen „Schadenfreude“, „Angst“ und „Zeitgeist“.
• Schadenfreude: „When the arrogant actor slipped on the red carpet, the audience couldn’t help but feel a bit of Schadenfreude.“ – Hier drückt das Wort die heimliche Freude über das Missgeschick eines anderen aus.
• Angst: „The novel explores the existential Angst of modern life.“ – Gemeint ist eine tiefe, existenzielle Sorge, die sich kaum mit „fear“ oder „anxiety“ übersetzen lässt.
• Zeitgeist: „The movie perfectly captured the Zeitgeist of the 1980s.“ – Der Begriff beschreibt die Stimmung und den „Geist“ einer Epoche.
So zeigt sich: Die deutsche Sprache hat viele Spuren hinterlassen. Hinter jeder dieser Entlehnungen steckt ein Stück Kulturgeschichte. Sprache ist eben immer auch ein Botschafter zwischen den Kulturen.
Bonus: Weitere deutsche Lehnwörter in aller Welt
• Rucksack – weltweit genutzt, besonders im Englischen und Japanischen; steht einfach für den praktischen deutschen Begleiter auf Reisen.
• Kaputt – wird im Englischen oft umgangssprachlich verwendet: “My phone is kaputt.”
• Poltergeist – vor allem durch Filme und Literatur bekannt; bezeichnet einen spukenden Geist.
• Doppelgänger – international übernommen für jemanden, der einer anderen Person zum Verwechseln ähnlich sieht.
• Blitz – als Kurzform in „Blitzkrieg“ bekannt geworden, lebt aber auch im Englischen als Ausdruck für Schnelligkeit weiter (z. B. „blitzing through work“).
• Übermensch – geprägt durch Nietzsche, wird heute vor allem im philosophischen und kulturellen Kontext gebraucht.
• Kitsch – international verbreitetes Wort für Überladenes, Sentimentales oder Geschmackloses.
• Leitmotiv – besonders in der Musiktheorie und Literaturkritik übernommen.
• Wanderjahr – ein traditionsreiches Jahr des Wanderns oder Lernens, oft im englischen Sprachraum in gehobenem Kontext gebraucht.
• Gesundheit – im Englischen rufen viele Menschen beim Niesen nicht „Bless you“, sondern „Gesundheit“.
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