Ein literarischer Spaziergang

LEICHT UND TIEFSINNIG

5 Frühlingsgedichte, die Dich in Stimmung bringen

Endlich ist es soweit: Die ersten Sonnenstrahlen kitzeln die Nasenspitze, die Vögel veranstalten ihr tägliches Konzert, und überall sprießt das frische Grün.

Der Frühling bringt nicht nur Farbe in die Natur, sondern auch in unsere Gedanken. Was gibt es da Schöneres, als sich von ein paar Gedichten inspirieren zu lassen?

Ich habe fünf Frühlingsgedichte herausgesucht, die die Jahreszeit auf ihre eigene Weise feiern – mal leicht und verspielt, mal tiefsinnig und nachdenklich.

Lass Dich von der Poesie mitnehmen auf einen kleinen literarischen Frühlingsspaziergang.

1. Eduard Mörike – „Er ist’s“

Dieses Gedicht ist ein echter Klassiker und die perfekte Beschreibung für das erste Frühlingsgefühl:

Er ist’s

Frühling lässt sein blaues Band
Wieder flattern durch die Lüfte;
Süße, wohlbekannte Düfte
Streifen ahnungsvoll das Land.
Veilchen träumen schon,
Wollen balde kommen.
– Horch, von fern ein leiser Harfenton!
Frühling, ja du bist’s!
Dich hab ich vernommen!

Kaum jemand hat die Leichtigkeit des Frühlings so treffend in Worte gefasst wie Mörike. Wenn du beim Lesen nicht direkt Lust bekommst, nach draußen zu gehen, weiß ich auch nicht!

2. Clemens Brentano – „Hörst du, wie die Brunnen rauschen“

Brentano verzaubert mit seiner Sprache und lässt uns den Frühling geradezu hören:

Hörst du wie die Brunnen rauschen

Hörst du wie die Brunnen rauschen,
Hörst du wie die Grille zirpt?
Stille, stille, lass uns lauschen,
Selig, wer in Träumen stirbt.

Selig, wen die Wolken wiegen,
Wem der Mond ein Schlaflied singt,
O wie selig kann der fliegen,
Dem der Traum den Flügel schwingt.

Dass an blauer Himmelsdecke
Sterne er wie Blumen pflückt:
Schlafe, träume, flieg’, ich wecke
Bald Dich auf und bin beglückt.

Sein Gedicht ist wie ein musikalisches Erwachen der Natur – eine Offerte, genau hinzuhören und die kleinen Wunder des Frühlings bewusst wahrzunehmen.

3. Else Lasker-Schüler – „Frühling“

Else Lasker-Schüler beschreibt den Frühling mit einer intensiven, fast träumerischen Bildsprache.

Frühling

Wir wollen wie der Mondenschein
Die stille Frühlingsnacht durchwachen,
Wir wollen wie zwei Kinder sein,
Du hüllst mich in dein Leben ein
Und lehrst mich so, wie du, zu lachen.

Ich sehnte mich nach Mutterlieb‘
Und Vaterwort und Frühlingsspielen,
Den Fluch, der mich durch’s Leben trieb,
Begann ich, da er bei mir blieb,
Wie einen treuen Freund zu lieben.

Nun blühn die Bäume seidenfein
Und Liebe duftet von den Zweigen.
Du mußt mir Mutter und Vater sein
Und Frühlingsspiel und Schätzelein
– – – Und ganz mein Eigen …

Ihr Gedicht ist eine Mischung aus zarter Melancholie und Hoffnung – genau wie der Frühling selbst, der sich langsam durchsetzt.

4. Rainer Maria Rilke – „Will dir den Frühling zeigen“

Wer es etwas tiefgründiger mag, sollte sich Rilkes Zeilen zu Gemüte führen. In seinem Frühlingsgedicht steckt nicht nur die Freude über das Erwachen der Natur, sondern auch ein Hauch von Sehnsucht und Vergänglichkeit.

Will dir den Frühling zeigen

Will dir den Frühling zeigen,
der hundert Wunder hat.
Der Frühling ist waldeigen
und kommt nicht in die Stadt.

Nur die weit aus den kalten
Gassen zu zweien gehn
und sich bei den Händen halten –
dürfen ihn einmal sehn.

5. Ludwig Uhland – „Frühlingsglaube“

Ein Klassiker unter den Frühlingsgedichten, der das Gefühl des Neubeginns auf den Punkt bringt:

Frühlingsglaube

Die linden Lüfte sind erwacht,
Sie säuseln und weben Tag und Nacht,
Sie schaffen an allen Enden.
O frischer Duft, o neuer Klang!
Nun, armes Herze, sei nicht bang!
Nun muß sich alles, alles wenden.

Die Welt wird schöner mit jedem Tag,
Man weiß nicht, was noch werden mag,
Das Blühen will nicht enden.
Es blüht das fernste, tiefste Tal:
Nun, armes Herz, vergiß der Qual!
Nun muß sich alles, alles wenden.

Dieses Gedicht beschreibt, dass im Frühling nicht nur die Natur, sondern auch die eigene Seele aufblüht.

Welches ist dein Lieblings-Frühlingsgedicht?

Es gibt so viele wunderschöne Gedichte über den Frühling – von klassischen Meistern bis hin zu modernen Dichtern. Hast du einen Favoriten?